Digital Assets – Gamechanger in der Unternehmensfinanzierung?!
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International gibt es bereits erste Beispiele, bei denen digitale Assets als neue Form des Anteilseigentums an Unternehmen, Infrastrukturprojekten und Vermögenswerten genutzt werden. In diesem Zusammenhang diskutieren wir auch über die Einführung digitaler Wertpapiere sowie die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen. Länder wie Deutschland, Schweiz und Liechtenstein haben diese bereits erfolgreich umgesetzt und zeigen, was heute der Standard sein sollte.
Wie geht es aktuell der österreichischen Start-up Szene in Punkto Finanzierung, können Digital Assets ein Gamechanger in der Unternehmensfinanzierung sein und warum brauchen wir die DAAA in Österreich?
Über diese spannenden Punkte haben wir mit Niki Futter, DAAA Vorstandsmitglied und invest.austria Vorstandsvorsitzender ein Gespräch geführt. Herzlich, ehrlich und kompetent.
Niki, neben deiner Aufgabe bei der DAAA bist du auch Präsident der invest.austria. Wie geht es der österreichischen Startup-Szene, speziell in Bezug auf Finanzierung? Ist das aktuell eine große Herausforderung?
Als invest.austria vertreten wir die Interessen von Investoren auf allen Ebenen – von Business Angels, Venture-Capital- und Private-EquityGebern, Family Offices bis hin zu Stiftungen. Kurz gesagt, alles, was vorbörsliches Eigenkapital betrifft.
Die Perspektive der Investoren deckt sich natürlich mit der der Start-ups, da wir uns beim Thema Finanzierung treffen müssen.
Wirtschaftliche Rezession, geopolitische Herausforderungen erzeugen Druck in der Kapitalaufbringung
Seit Anfang 2022 stehen wir aufgrund geopolitischer Herausforderungen – insbesondere des Ukraine-Kriegs – in einer wirtschaftlichen Rezession, die alle Sektoren trifft.
Verstärkt wurde die Situation durch eine unerwartet hohe Inflation, die nicht primär auf Geldmengenausweitung zurückzuführen ist, sondern auf kostengetriebene Faktoren wie Energiekosten.
Österreich war von einer der höchsten Inflationsraten in Europa betroffen, was enormen Druck auf die Finanzierungslandschaft ausübte. Es ist heute extrem schwierig geworden, Kapital aufzutreiben.
Auch bei meinen eigenen Start-ups habe ich das gespürt – ich musste in den letzten 18 Monaten vier aufgeben. Trotz aller Bemühungen und zusätzlicher Finanzierungsmöglichkeiten war es schließlich nicht mehr haltbar. Das ist sehr bedauerlich, denn es steckt viel Herzblut und Innovation in diesen Projekten, und wenn externe Faktoren den Erfolg verhindern, ist das besonders schmerzhaft.
Zentral und Osteuropa unter Druck
Interessanterweise ist diese Situation besonders stark in Europa und insbesondere in Zentral- und Osteuropa zu spüren. Länder wie Spanien sind derzeit in einer besseren Stimmungslage als Österreich oder Deutschland.
Die Finanzierungssituation ist und bleibt herausfordernd. Man darf nicht vergessen, dass wir uns offiziell bereits im zweiten Jahr der Rezession befinden, und das wird sich leider noch hinziehen.
Kapital ist vorhanden, aber Investoren sind zurückhaltend
Trotz dieser schwierigen Lage gibt es nach wie vor genügend Kapital, aber Investoren halten aktuell ihre Liquidität zurück. Auf der positiven Seite beginnen die Zinsen langsam wieder zu sinken, was Anleihen als Alternative weniger attraktiv macht. Allerdings darf man nicht vergessen, dass viele dieser Papiere real an Wert verloren haben, da die Inflation höher war.
Die Nullzinspolitik der vergangenen Jahre war ebenfalls nicht gesund für die Wirtschaft – das hat man besonders im Immobiliensektor gesehen, wo plötzlich die Rechnung nicht mehr aufgegangen ist, als das Geld wieder „etwas“ gekostet hat.
Was die Zukunft betrifft, hoffen wir alle, dass sich die Lage im nächsten Jahr bessert, auch wenn viele Faktoren außerhalb unserer Kontrolle liegen. Eine wichtige Frage ist auch die aktuelle Regierungsbildung in Österreich.
Dachfonds könnten Situation verbessern
Eine unserer Forderung ist ein Dachfonds. Ein Dachfonds wäre ein Katalysator für Innovation und Wachstum. Schauen wir uns nur die WIN-Initiative in Deutschland an: Ein 12-Milliarden-Euro-Fonds, der von der Wirtschaft getragen wird – durch Pensionskassen, Versicherungen, Banken und die Industrie.
Solche Maßnahmen treiben Wachstum und Innovation voran, und das ist auch mein Appell an die zukünftige Bundesregierung: Wir brauchen Wachstum und Innovation, keinen Stillstand.
Daher fordert invest.austria hier dringend einen Dachfonds und einen Investitionsfreibetrag. Damit könnten wir international besser mithalten.
Vision 2030 von Invest Austria –
https://www.invest-austria.com/de/politik/
Im zweiten Teil unserer Interviews mit Niki Futter – DAAA Vorstandsmitglied und Präsident invest.austria gehen wir der Frage nach, ob Digital Assets eine neue Form der Infrastruktur Finanzierung sein können und was es braucht, damit Österreich zukunftsfit bleibt.
Niki – siehst du international bereits Beispiele, die dir besonders gefallen, wenn wir Digital Assets auch als Finanzierungsinstrument sehen – etwa die Tokenisierung von Windrädern, wie man das in Deutschland bereits macht?
Ja, es gibt bereits einige vielversprechende Beispiele. In unserer invest.austria Vision 2030 fordern wir auch die Einführung digitaler Wertpapiere und die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen.
Länder wie Deutschland, die Schweiz und Liechtenstein sind hier bereits Vorreiter und zeigen uns, was heute als State of the Art gelten sollte.
Als invest.austria haben wir diese Forderungen aus dem Katalog der DAAA übernommen, denn gemeinsam sind wir stärker.
Wenn wir in die Zukunft blicken – wie siehst du Österreich im Jahr 2030 im Bereich Digital Assets? Was würdest du dir wünschen?
Ich wünsche mir, dass wir bis dahin an einem Punkt sind, an dem die Technologie – in diesem Fall die Blockchain – im Hintergrund arbeitet, ohne dass man sie direkt bemerkt. Sie sollte einfach als unsichtbare Basis für verschiedene Anwendungen dienen.
Ich gehe davon aus, dass wir bis 2030 Peer-to-Peer-Börsen haben werden, auf denen digitale Wertpapiere und andere digitale Assets wie Unternehmensanteile, Realgüter oder Beteiligungen an Anlagen frei handelbar sind. Es sollte möglich sein, Anteile an einem Windpark oder einer Immobilie einfach und offen auf einem Markt zu erwerben und zu handeln.
Kannst du Dir vorstellen, dass Gemeinden ihre Infrastruktur tokenisieren und der Bevölkerung anbieten, beispielsweise Solarparks oder Glasfasernetze?
Ich denke, es hängt von der Art der Infrastruktur ab. Bei Energiegemeinschaften sehe ich großes Potenzial, etwa wenn private Haushalte ihre eigene Energie – zum Beispiel aus Solaranlagen – produzieren und diese dann weitergeben wollen.
In solchen Fällen macht es absolut Sinn, diese Infrastruktur zu tokenisieren. Die kleinteilige Verrechnung zwischen individuellen Energieproduzenten kann so effizienter gestaltet werden. Durch die Tokenisierung von Anlagen oder Energie selbst könnten Verrechnungstoken eingeführt werden, die solche Prozesse automatisieren und die Transaktionskosten minimieren.
Auch zentrale Infrastrukturelemente wie Energiespeicher könnten auf diese Weise finanziert werden.
Ein gutes Beispiel für Tokenisierung von Infrastruktur wäre für mich auch das Genossenschaftsmodell: Eine Landmaschine (Mähdrescher, Traktoren …) könnte von einer Genossenschaft tokenisiert angeschafft werden, wobei jeder einen Anteil daran besitzt und diese Anteile automatisch verrechnet werden, sei es für die eigene Nutzung oder den Profit.
Glaubst du, dass solche Modelle auch bei öffentlicher Infrastruktur funktioniert kann?
Bei größerer, staatlich kontrollierter Infrastruktur wie Wasserwerken oder anderen grundlegenden Versorgungseinrichtungen sehe ich das schwieriger. Solche kritischen Infrastrukturen unterliegen strengen regulatorischen Vorgaben und sollen aus meiner Sicht in nationalem Besitz bleiben, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Wenn solche Assets tokenisiert und handelbar werden, besteht die Gefahr, dass sie zu spekulativen Gütern werden, was bei lebensnotwendiger Infrastruktur nicht unbedingt wünschenswert ist.
Im dritten Teil unseres Interviews tauchen wir ein bischen in die Historie des Internet ein, ziehen Gemeinsamkeiten mit dem aktuellen Entwicklungsstand der Blockchain und Niki wird uns auch erzählen, warum er sich für die DAAA engagiert und seine Expertise und sein Netzwerk als Vorstandsmitglied einbringt.
Was hätte das Internet werden können, wenn das CERN Geld gehabt hätte, wo stehen wir aktuell in der Entwicklung der Blockchaintechnologie und warum ist es wichtig und gut, dass wir die DAAA gegründet haben.
Im dritten Teil des Gespräches mit Niki Futter – DAAA Vorstandsmitglied und invest.austria Präsident- tauchen wir in all diese spannenden Fragen ein.
Niki – Was gefällt dir an der DAAA?
Die Gründung der DAAA im Jahr 2018 war eine wichtige Initiative zur richtigen Zeit. Damals befanden wir uns in einer dynamischen Hochphase der Blockchain-Entwicklung – es herrschte eine regelrechte Euphorie. Auch wenn diese Phase etwas abgekühlt ist, wissen wir alle, dass in den nächsten Monaten wieder eine Wachstumsphase bevorsteht. Es passiert viel hinter den Kulissen, was man vielleicht noch nicht sieht, aber die Entwicklung schreitet stetig voran.
Was mir an der DAAA besonders gefällt, ist der österreichische Ansatz. Sobald wir etwas erreichen wollen, gründen wir einen Verein.
Und – meine Kollegen im Vorstand sind alle hochengagiert und arbeiten mit viel Einsatz daran, die gesamte Szene voranzubringen.
Blockchain ist eine Schlüsseltechnologie
Für mich ist Blockchain eine Schlüsseltechnologie, die zukünftig in vielen Bereichen unseres Lebens eine zentrale Rolle spielen wird. Es gibt viele Parallelen zur Entwicklung des Internets, die ich selbst miterlebt habe. Mitte der 1990er Jahre entstanden die ersten Websites, um 2000 erlebte der E-Commerce einen Boom, und nach der Dotcom-Blase kam der eigentliche Durchbruch mit der Einführung der Smartphones 2007/2008 – da wurde das Internet massentauglich. Neue Technologien brauchen immer Zeit, um sich vollständig durchzusetzen.
Und so kann man sagen: Verglichen mit der Internetentwicklung befinden wir uns bei der Blockchain-Technologie etwa im Jahr 2001. Die breite Adaption von Blockchain entlang der gesamten Wertschöpfsungskette – so, dass die Technologie im Hintergrund läuft und nur die Anwendung sichtbar ist – wird wahrscheinlich zwischen den Jahren 2028 und 2030 stattfinden.
Die Gründung der DAAA im Jahr 2018 war der perfekte Zeitpunkt.
Man hat erkannt, dass sich etwas bewegt und verändert, und es war wichtig, sich früh damit auseinanderzusetzen. Es ist jedoch noch nicht in der breiten Masse angekommen, denn am Ende zählt immer die Anwendung.
Unser Fokus bei der DAAA liegt darauf, die Rahmenbedingungen für den Erfolg der Technologie zu schaffen. Ja, Crypto ist ein Teil davon, aber man darf nie vergessen, dass Crypto nicht gleich Blockchain ist. Es ist nur eine von vielen Anwendungen auf der Blockchain-Technologie. Das erinnert mich an die Zeit so um das Jahr 2007, als man jemanden fragte, ob er „im Internet“ sei, und die Antwort oft lautete: „Nein, aber ich bin auf Facebook.“
Der Mainstream und die breite Akzeptanz sind dann erreicht, wenn die Technologie im Hintergrund verschwindet und nur noch die Anwendungen im Vordergrund stehen, die die Menschen tatsächlich nutzen und brauchen.
Die Googles, Facebooks, Amazons der Blockchainwelt entstehen gerade irgendwo auf der Welt.
Wenn man die Entwicklung auf der Zeitachse betrachtet, befinden wir uns mit der Blockchain Technologie gerade in einer Phase, in der die Facebooks, Googles, eBays und Amazons der Blockchain-Welt entstehen – und noch weiß niemand, wer das sein wird.
Wenn ich mir das so ansehe, sehe ich viele Parallelen zur Internetentwicklung und frage mich oft: Was hätte das Internet sein können, wenn das CERN damals die notwendigen finanziellen Mittel gehabt hätte?
Fehler, die das frühe Internet gemacht hat, sollten wir mit der Blockchain-Technologie vermeiden, dafür setze ich mich ein, dafür brennt mein Herz und wir alle sind aufgefordert, dass Österreich hier eine wichtige Rolle spielt und wir den Standort zukunftsfit halten.
Lieber Niki, danke für das tolle Gespräch und deinen Einsatz für die DAAA. Let´s shape the Future together.